Als Spezialitätenrösterei versuchen wir mit Reisen in die Ursprungsländer sowohl Einblick in die Qualität vor Ort, die Transparenz, die Entwicklungen im Kaffeeanbau und die Probleme und Herausforderungen der Kooperativen und Kaffeefarmer zu erhalten. Wir sind auf der Suche nach neuen spannenden Kaffees, die wir unseren Gästen mitbringen können und hinter denen wir vollends in Bezug auf Transparenz, soziale Aspekte und Qualität stehen.
Nach langem Flug und guter Ankunft in Guatemala- Stadt starten wir unsere Reise ins mittelamerikanische Land Guatemala mit einem Besuch der Finca von Gunther Reizel. Gunther hat vor 20 Jahren begonnen, Kaffee anzupflanzen und sein großes Ziel ist es, die perfekten Varietäten für die Region zu finden, den Kaffeeanbau nachhaltig zu gestalten, sowie den Kleinbauern vor Ort mit Informationen zu rentableren Anbaumöglichkeiten zu unterstützen.
Der Kaffeeanbau in Guatemala wird wie in vielen Regionen in Zentralamerikas durch mehrere Aspekte bedroht.
An erster Stelle ist dabei der Kaffeerost, eine Krankheit, die die Pflanze befällt und zu Ernteausfällen, sowie einem Absterben der Pflanze führt, zu nennen.
Diesem versucht man mit dem Pflanzen von resistenten Kaffeevarietäten entgegenzuwirken. Die Schwierigkeit liegt darin, kaffeerostresistente Pflanzen zu finden, die geschmacklich den ursprünglichen Pflanzen in nichts nachstehen. Denn der Geschmack des Kaffees, hier spricht man von „der Tasse“, löst den Quantitätsaspekt als wichtigsten Punkt immer mehr ab. Das steigende Qualitätsbewusstsein in Europa und den USA mit der einhergehenden höheren Zahlungsbereitschaft kommt auch immer mehr bei den Kleinbauern an, die versuchen den höheren Ansprüchen durch geschmacklich immer bessere Kaffees nachzukommen. Doch trotz des steigenden Bewusstseins von Seiten des Endverbrauchers kommt auch heute noch nur ein Bruchteil des Geldes beim Produzenten an.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einer davon ist die fehlende Infrastruktur bzw. Transparenz für den Export von Kaffee.
Die Kaffeefarmer sind stark abhängig von dem Geld für die Ernte. In Guatemala wird von Dezember bis März der Kaffee geerntet, das heißt, es gibt auch nur in dieser Zeit Geld für den Ernteertrag. Die meisten Farmer haben große Familien und leider fließt auch einiges an Geld in Alkohol.
Hier setzen die sogenannten „Coyoten“ an. Diese kaufen den Kaffee der Farmer auf, zahlen zwar direkt, aber dafür nur sehr wenig für den Kaffee, um ihn dann anschließend teuer weiterzuverkaufen. Abgesehen von der schlechten Bezahlung der Kaffeefarmer geht so auch die Transparenz über die Kaffeeherkunft, sowie -varietät verloren und die Qualität leidet und kann nicht verbessert werden, weil der Farmer kein Feedback zu seinem Kaffee erhält.
Hier setzt Gunther an. Mit einer großen Baumschule direkt neben seiner Finca, arbeitet er mit wissenschaftlichen Hintergrund und großer Leidenschaft an der perfekten Varietät für seine Region.
Dabei spielen die Anbauhöhe, die Bodenbeschaffenheit, die Niederschlagsmenge, sowie die Sonneneinstrahlung eine große Rolle. An all diesen Variablen testet Gunther welches Zusammenspiel die besten Kaffees liefert und bezieht vor allem ökologische und bezahlbare Aspekte in seine Überlegungen mit ein.
Denn der Kaffeeanbau ist in vielen Regionen Guatemalas der größte Arbeitsmarkt und somit maßgeblich für die gesellschaftliche Stabilisierung und Entwicklung verantwortlich.
Ein großes Projekt auf Gunthers Plantagen sind der Einsatz von Holzkohle und Bellyway-Schafen.
Mit natürlichen Mitteln wird hier versucht, nachhaltige, bezahlbare Alternativen für die Kaffeebauern der Region zu finden, die den Ertrag und die Qualität steigern und einen ökologischeren Anbau ermöglichen.
Wir lernen den Farmer Hermanos Higueros kennen und begehen seine Aufbereitungsanlange Acatenango, Chimaltenango. Auf der Terrasse vor seiner Finca la Unión finden wir uns kurze Zeit später Kaffee trinkend wieder und sprechen über den Anbau von organischem Kaffee und die große Frage nach dem Wasser ( in Guatemala wird noch immer viel zu viel Wasser verschwendet ) bzw. der Wasseraufbereitung nach dem Waschen des Kaffee‘s. Von hier aus geht es weiter zu der Cooperative Fedecocagua. Wir werden gleich mit einem professionellen Cupping begrüßt. 12 Kaffees dürfen wir schmecken, dabei sind klassische guatemaltekische sowie eine köstliche neue Varietät: die Marsellesa (intensive Frucht, Beeren, voller Körper). Allesamt waren wir begeistert von der Neuentdeckung. Die Cooperative besteht aus 380 Farmern- davon 180 Frauen und vier Frauen sind mit im Vorstand. Dieses Thema der „Frauenquote“ wird uns hier immer wieder begegnen, da es erst seit jüngster Zeit so ist, dass auch Frauen ihre eigenen Farmen bewirtschaften dürfen. Wir dürfen die guatemaltekische Gastfreundschaft erleben und an einer langen Tafel gemeinsam mit den Vorständen der Cooperative ihre traditionelle Küche genießen. Der Tisch ist reich gedeckt, unter anderem mit Frijoles (schwarze Bohnen zu Mus zerstampft), Accras (kleine frittierte Bällchen aus Kabeljau), Caldo de Res (Rindfleischsuppe) und natürlich fehlen Totillas sowie Guacamole auch nicht. Satt, in jeglicher Richtung- gutes Essen und viel Kaffee- Input) ziehen wir weiter auf unserer Reise.
Er gab sein Wissen weiter, revolutionierte die schon immer dagegewesenen Strukturen der Herrschaft der älteren Männer auf den Plantagen und sorgte dafür, dass die jüngere, frei denkendere Generation ihren Platz finden durfte.
In ihrem charmanten Café arbeiten Frauen und Männer Hand in Hand und auch im Anbaugebiet sind Frauen auf ihren selbst bewirtschafteten Plantagen anzutreffen.
Das Resultat von generationenübergreifender Bildung und Offenheit ist für uns alle beeindruckend.
Drei Generationen Kaffeefarmer stehen vor uns , erzählen von ihrem Kaffee, immer mit vollstem Respekt vor dem Wissen der anderen. Anschließend zeigen sie uns voller Stolz ihre Plantagen, erklären uns nochmals ihre Ansätze, wie sie mit den üblichen Problemen der Kaffeepflanzen umgehen.
Wiederholt wird uns vor Augen geführt, dass Bildung immer der Schlüssel ist, weiter zu gehen- etwas voran zu treiben.
Mit all dieser Flut von Eindrücken dürfen wir cuppen: Wow! Da sind viele gut und außergewöhnlich, aber wir bleiben an Nr.4 hängen…diese Frucht, diese Süße…Pfirsich…ein bisschen Karamell…und wir schmecken ihn noch lange danach (das besondere: so einig waren Theresa und ich uns noch nie…dieser Kaffee muss den Weg zu uns finden- dazu werden wir euch auf dem laufenden halten). Morgen dürfen wir wiederkommen. Am Abend, lange nach Einbruch der Dunkelheit (die tritt hier allerdings auch immer recht früh ein) machen wir uns auf den Weg zu unserem Hotel. Es wird eine sehr einfache Unterkunft für die Nacht sein. Wir sind halt auch irgendwo im Nirgendwo im Hochland Guatemala‘s und waren vorab mit unseren Hotels sehr verwöhnt.
Unser Tag startet auch hier in der Stadt so früh, wie die Tage im Hochland. Um 6.30 Uhr fahren wir nach Palin zum Kooperativen-Dachverband Beneficio Fedecocagua (Federación de Cooperativas Agrícolas de Productores de Café de Guatemala).
Diese Kooperative wurde 1969 mit dem Ziel gegründet, die Lebensbedingungen vor allem der Kleinbauern zu verbessern. Heute ist dies ein starker Kooperativen-Verband, der hochwertigen Hochland-Kaffee herstellt und inzwischen weltweit vermarktet. FEDECOCAGUA bietet seinen Mitgliedern darüber hinaus eine umfassende Ausbildung und technische Beratung. Mit Erfolg: Die Kleinbauern konnten ihre Erträge steigern und Land dazu kaufen.
Rund 70 Prozent der Mitglieder sind Maya, die in Guatemala nach wie vor benachteiligt werden. Ihre Kinder erhielten eine gute Ausbildung und können entscheiden, ob sie in die Stadt gehen oder den landwirtschaftlichen Betrieb weiterführen wollen.
Wir werden mit einem Cupping begrüßt und erhalten neben den Informationen zu den Kaffees viel Einsicht in die Geschichte dieses Verbundes. Mit einer geführten Begehung der Produktions- und Lagerhallen mit detaillierten Erläuterungen zu jedem einzelnen Arbeitsschritt werden uns all die vielen Zahnrädchen des Kaffee- Business abermals vor Augen geführt.
Mit all diesen enormen morgendlichen Input fahren wir nun zu Anacafe (Asociación Nacional del Café); das nationale Kaffeeboard Guatemala‘s.
Uns erwartet eine Pressekonferenz zum Thema Kaffee-Export, der von Instituten wie der AHK durch geführte Reisen wie die unsrige voran getrieben wird.
Eine Etage tiefer dürfen wir uns kurz darauf in einer Präsentation wiederfinden, die uns die Prinzipien von Anacafe tiefergehend erläutert und die wirtschaftlichen Aspekte rund um das Handelsgut Kaffee thematisiert.
Nun gibt es nochmal eine Herausforderung für uns…wieder cuppen. Viele Kaffees , denen wir diese Woche begegnet sind, finden wir hier wieder. Wir freuen uns, über mitgegebenen Muster, die wir zurück in Düsseldorf gleich zur Probe rösten werden. Da dürfen alle gespannt sein, welcher es wohl in unser Büdchen schaffen wird.
Am Abend steht ein großes abschließendes Abendessen im Restaurant Casa Escobar in Guatemala- Stadt an.
Die Führungskräfte und Kaffeekoordinatoren laden zum Abschied ein. Es wird ein schöner langer Abend!
Wir sagen nun Danke für diese Woche…an all die lieben Menschen* und Institutionen** , die diese Reise für uns organisiert und möglich gemacht haben und die uns in ihrem Land so herzlich willkommen geheißen haben!
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